Supermarkt-Spirituosen im Test

Im Test: Netto Champagner Charles de Nozian als Brut und Rosé

Netto Champagner Charles de Nozian Rosé

Jeder Supermarkt scheint seinen eigenen Champagner zu führen, eingepreist mit einem Einheitspreis von 13 € die Flasche. Und aus Gründen, die ich selber noch nicht ganz so verstanden habe, will ich sie alle durchprobieren. Heute sind die beiden Champagner vom roten Netto dran (nicht das schwarze „Hunde-Netto“), Charles de Nozian als klassischen Brut und als Rosé Brut.

Viel zu sagen gibt es nicht über die Flaschen. Die Reben sind unbekannter Herkunft, ein Winzer mit dem Namen scheint es nicht zu geben, Reifedauer ist unbekannt. Also köpfen wir die Flasche (heute wird mal nicht sabriert) und schauen, was der Schampus zu bieten hat.

Verkostung des Charles de Nozian Brut

Im Glas sehe ich helles Gold mit orangenen Reflexen, und was ich nicht sehe sind Perlen. Wo ist die Kohlensäure? Oder ist das etwa ein Stillwein?

Dagegen spricht die Brioche-Note, die aus dem Glas herausquillt. Das ist ein Indiz für Hefe und damit auch hoffentlich für eine angenehme Perlage. Dazu ein klassisches, deutliches Apfelaroma und ein bisschen weniger deutliches Pfirsicharoma. Der Champagner wirkt frisch, hell, klar und sauber. Erinnerungen an gebackenen Apfel und Apfelschorle werden geweckt. Champagneraromen wie sie im Buche stehen. Nichts aufregendes, aber auch nichts schlechtes.

Der Apfel bleibt auch im Mund dominant. Und hier kommt endlich die Kohlensäure durch. Das was im Glas gefehlt hat, wird im Mund gleich doppelt wieder wett gemacht. Richtig aggressiv schäumt der Discounter-Champagner auf. Das verbirgt aber nicht den sehr leichten Körper und die etwas penetrante Säure. Noten von gereiftem Champagner wie zum Beispiel vom Moët & Chandon oder vom Taittinger sucht man vergebens. Im Vergleich zur Nase schwächelt er nun aus meiner Sicht ein bisschen, denn jetzt passiert eigentlich nichts aufregendes mehr, bis man runterschluckt.

Dann kommt eine ungeahnte Bitterkeit auf, die sich bleibend in den ganzen Mundraum legt. So ein bisschen bitter ist okay, wenn es die Komplexität fördert, aber das wird selbst mir zu unangenehm.

Punch Romaine – der Aperitif der Titanic

Netto Champagner Charles de Nozian Brut als Punch Romaine

Das ist doch eine gute Gelegenheit einen uralten, geschichtsträchtigen Champagner-Cocktail auszugraben, den Punch Romaine. Er hatte die traurige Ehre am letzten Abend der Titanic in der ersten Klasse ausgeschenkt zu werden. Und nicht nur das, dazu wurde er von niemanden anderem als vom großen Meisterkoch und mein Vorbild August Escoffier erfunden. Hoffentlich verzeiht mir August, dass ich „seinen“ Drink in der Not etwas verändern musste.

Nach seinem Verständnis hätte der Punch Romaine mit Schabeeis und Eiweiß serviert werden müssen, und hätte damit eine Slushy ähnliche Konsistenz. Das finde eigentlich ganz geil, aber weil mir sowohl das eine als auch das andere fehlte, mussten normale Eiswürfel herhalten.

Die Eiswürfel ins Glas geben, dazu
6 cl frischen Orangensaft
3 cl guten, weißen Rum (vielleicht nicht Captain Morgan, wenn man Champagner trinkt?)
2 cl Zitronensaft (die braucht man wirklich, die Säure des Weins reicht nicht aus)
geben, mit Champagner aufgießen und kurz umrühren. Fertig.

Wer das Original mischen möchte, alle Zutaten außer Champagner mit einem (halben) Eiweiß schütteln in ein mit Glas Schabeeis (oder vielleicht auch feines Crushed Ice?) abseihen, Champagner aufgießen, umrühren und genießen.

Fazit vom Charles de Nozian Brut

Eigentlich ein typischer Discounter-Champagner mit einem sehr bitterem Abgang. Geschmacklich okay, aber auch nix, von dem man groß erzählen kann. Als Punch Romain fand ich ihn ganz lecker. Allerdings würde ein gereifter Champagner wahrscheinlich etwas mehr geben. Im direkten Vergleich zu seinem zartrosa angehauchten Bruder (zu dem gleich mehr) aus meiner Sicht der Schwächere von den beiden.

Verkostung des Charles de Nozian Rosé

Netto Champagner Charles de Nozian Rosé und Nikka Coffey Gin

Zartrosa, von wegen. Himbeerbrause ist zarter als dieser Rosé, oder sollte man ihn Charles de Nozian Rouge nennen?

Ich möchte kurz einwerfen, dass in der Champagne, anders als in Deutschland, ein Rosé-Wein auch hergestellt werden darf, indem man weißen und roten Wein zusammenmischt. In Deutschland muss der Wein als Rosé gekeltert werden.

So, jetzt kann sich jeder selber zusammenreimen, wo die Farbe denn herkommen könnte. Gehen wir direkt über zur Verkostung.

Im Geruch ist er am Anfang sehr verhalten, etwas Standzeit im Glas tut ihm gut. Dann kommen schöne Brioche-Noten vor und auch leichte Fruchtnoten. Geschmacksrichtung: Wild Berry. So weit, so gut.

Im Geschmack bleibt er auch erst mal gewöhnlich, ohne Aufregung oder Fehlnoten. Dann kommt so leicht die Frucht, je stärker, je länger man verweilt. Und man schmeckt klar: Bonbonwasser, äh, nein, Kirschsaft. Wie man es aus KiBa kennt.

Wie sein Kollege in Gelb ist hier auch die Kohlensäure sehr aggressiv zu Gange. Das merkt man im Mund als grobe Perlage, oder beim Öffnen, indem erstmal alles überschäumt. Peinlich, aber hat ja keiner gesehen…

Für mich macht der Charles de Nozian in Rosé einige Sachen richtig. Er ist ein gut strukturierter Wein ohne Fehlnoten oder Extreme, die Säure ist gut eingebunden und stört nicht. Genauso hat er eine angenehme, milde Süße, die nicht aufstößt, den Wein aber abrundet. Er schmeckt gut auf eine einfache, gefällige Art. Ein Allrounder, der nirgendwo aneckt und mit beeindruckender Farbe ein Hingucker ist.

French 75 – eine Kanone als Drink

Netto Champagner Charles de Nozian Rosé als French 75 mit Nikka Coffey Gin

Eine der besseren Ideen des Abends war es den Charles de Nozian Rosé in ein French 75 zu verwandeln. Das ist ebenfalls ein alter Champagner-Drink, aber benannt nach einer fetten Kanone aus dem ersten Weltkrieg. (Wikipedia hat Bilder.) Angeblich sollen die alkoholisierenden Zutaten ähnlich wie die Kanone auf den Schädel wirken, daher der Name. Nun, in der Wissenschaft gab es schon immer welche, die Thesen durch Selbstexperimente widerlegen, also mischen wir uns doch den French 75 und schauen selber, wie es uns geht.

Dazu muss man
6 cl Gin
3 cl Zitronensaft
2 cl Zuckersirup
gut vermischen (shaken), in ein Glas abseihen und mit 10 cl Champagner aufgießen. Umrühren, trinken, bäm. Schädel oder so.

Von der Kanone hab ich nichts gemerkt, aber die Fruchtnote vom Rosé-Wein kam viel deutlicher hervor und passte perfekt zum Nikka Coffey Gin. Und gut aussehen tut er auch noch. Alleine für diesen Drink habe ich mir eine Flasche auf Halde gelegt.

Fazit

Die Champagner von Netto sind weder überragend, noch irgendwie schlecht. Der normale Brut überzeugt mich vor allem im Geruch, der Rosé im Geschmack (gerne als French 75). Ich bin immer noch der Meinung, man sollte sich überlegen, ob man einen „echten“ Champagner kaufen will, oder nicht vielleicht doch für ähnliches Geld einen guten Winzersekt aus Deutschland oder Österreich. Wobei ich gestehen muss, einen so knall zartrosa farbigen Winzersekt habe ich noch nicht gesehen.

2 Kommentare zu “Im Test: Netto Champagner Charles de Nozian als Brut und Rosé

  1. Vom Vorkoster m. E. sehr oberflächlich bewertet. Der Schaumwein ist – zumal für diesen Preis – mehr als überzeugend, hat ein stabiles Aroma, perlt bereits im Glas absolut champagnertypisch und bleibt bis zum und im Abgang fruchtig und prickelnd.
    Weingut:
    Charles de Nozian
    Rebsorten:
    Pinot Meunier, Chardonnay, Pinot Noir
    Region:
    Frankreich / Schaumwein

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